Schlauer dank Corona: Fleisch und andere Produkte aus der Region

Der Creglinger Regionalmarkt, der am Samstag, dem 13.06. zum zweiten Mal stattfindet, fällt mit einem Trend zusammen, der sich in Coronazeiten abzeichnet: Die Menschen fragen gezielt lokale Produkte nach. Viele kaufen wieder mehr unverarbeitete Lebensmittel und kochen selbst, vielleicht, weil sie mehr Mahlzeiten zu Hause einnehmen. Und auch der Fleischkonsum geht offenbar zurück; gaben 2019 noch 39 Prozent der Männer an, täglich Fleisch oder Wurst zu essen, waren es 2020 nur noch 32 Prozent (Frauen 20 Prozent).[i]

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich eine artgerechtere Haltung der Tiere und kürzere Transportwege für Tiere und Fleisch. Dazu hat die Krise ein Schlaglicht auf die industriell arbeitenden Schlachthöfe geworfen, in denen neben den Tieren auch die Beschäftigten gnadenlos ausgebeutet werden. Eine Reform der Fleischproduktion ist zudem ein wichtiger Faktor, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen.  

Verbraucherinnen und Verbraucher, die bewusster Fleisch essen und kaufen, unterstützen nicht die gesamte heimische Landwirtschaft. Immerhin leben wir in einem Kreis, in dem die Zahl der Ferkel und Schweine an die der menschlichen Einwohner heranreicht. Das heißt, hier werden deutlich mehr Tiere gezüchtet und gemästet als verzehrt. Die Landwirtschaft ist insofern in den größeren Kreislauf eingebunden.

Wer aber Wert legt auf regionales Fleisch, erhält es beim örtlichen Metzger oder direkt beim Erzeuger. Vor allem Biofleisch wird auf dem Land oft direkt verkauft, seien es Bio-Hühner oder Rindfleisch ab Hof, Lammfleisch von den örtlichen Schafhaltern oder Wild von den Jägern.

Sobald man jedoch Fleisch aus der Tiefkühltheke kauft, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es weit gereist ist. Besonders krass ist das bei Lammfleisch, das meist aus Neuseeland importiert wird, wo die Regierung  die Schafwirtschaft stark subventioniert. So kommt es, dass neuseeländisches Fleisch, das um die halbe Welt geflogen wird, oft billiger ist als das Fleisch des Nachbarn, der seine Schafe im Nebenerwerb hält und kaum etwas mit ihnen verdient.

7 Prozent der gekauften Fleischprodukte oder 4,3 Kilogramm pro Kopf und Jahr landen im Müll.

Wir wollen hier auf die üblichen Gruselgeschichten (die leider trotzdem wahr sind) nur einen kurzen Blick werfen, als da wären: die industriellen Schlachtstraßen, in denen Arbeiter aus Osteuropa zwölf Stunden am Stück malochen, der hohe Wasserbrauch für die Fleischerzeugung (3288 Liter für ein Kilo konventionelles Schweinefleisch), die Klimabilanz (28 Kilogramm Treibhausgase pro Kilo Rindfleisch; 70 Prozent der Treibhausemissionen aus der Ernährung gehen auf Fleisch zurück), die schiere Zahl an Tieren, die jährlich geschlachtet werden (2018 waren es 657 Millionen Hühner und fast 57 Millionen Schweine), der Pro-Kopf-Verbrauch (87,7 Kilogramm), die Mengen, die im Müll landen (7 Prozent der gekauften Fleischprodukte oder 4,3 Kilogramm pro Kopf und Jahr), die gesundheitlichen Gefahren von zu hohem Fleischkonsum (Schweinefleisch fördert Entzündungen, einige Fleischarten enthalten zu viel Antibiotika, die in der Bevölkerung Resistenzen hervorrufen können, der Verzehr von rotem Fleisch kann krebserregend sein).[ii] Wir alle haben davon schon gehört. Und viele von uns kaufen trotzdem weiter das billige Fleisch.

Also schauen wir uns doch einmal an, was wir davon haben, wenn wir weniger und dafür teureres und hochwertigeres Fleisch essen.

Wer Wert legt auf gute Qualität, artgerechte Haltung, kurze Transportwege und klimafreundliche Produktion, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Beim Metzger, der Tiere aus der Region schlachtet, ist das konventionelle Fleisch teurer als das im Supermarkt, das weite Wege hinter sich hat. Und ein Kilogramm Biofleisch kostet drei- oder viermal so viel wie billig und schnell produziertes Industriefleisch. Wenn man nun mehr Geld für hochwertigeres Fleisch ausgibt, ist die logische Folge, dass man bewusster damit kocht und sparsamer damit umgeht.

Wer Wert legt auf gute Qualität, artgerechte Haltung, kurze Transportwege und klimafreundliche Produktion, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Mediziner raten ohnehin dazu, den Fleischkonsum auf 300 bis 600 Gramm in der Woche zu beschränken. Manchem mag der Verzicht auf Fleisch zunächst schwer fallen, doch mittlerweile gibt es für echte Fleischliebhaber Ersatzprodukte, die sich sehen lassen können (vegetarische Würstchen oder Burger, die übrigens trotz langer Transportwege und hohem Verarbeitungsgrad eine ungleich bessere Klimabilanz haben als die fleischhaltigen Varianten). Und wenn man erst einmal anfängt, den Speiseplan ohne Fleisch zu erstellen, fallen einem vielleicht auch die guten alten und oft fleischlosen Gerichte wieder ein, die schon die Großmutter gekocht hat: Kartoffeln mit Quark, Pfannkuchen mit Kompott oder eine gute Gemüsesuppe. Dazu kommen die vielen internationalen Köstlichkeiten, die ohne Fleisch auskommen, von indischen Currys bis hin zur chinesischen Reis-Gemüse-Pfanne.

Ideen liefern auch die vielen leckeren Produkte aus der Region, von Berglinsen, Grünkern und Forellen bis hin zu Rapsöl, Honig, Gewürzen, Käse und hausgemachten Nudeln. Oft lohnt es sich, die Anbieter nach ihren Rezeptvorschlägen zu fragen.

Je mehr nicht verarbeitete regionale Lebensmittel wir kaufen, desto mehr bleibt auch bei den Erzeugern hängen, die ihre Produkte regional vermarkten. Und desto besser ist auch die Gesundheitsbilanz, weil in vielen verarbeiteten Produkten zu viel Zucker, zu viel Salz und zu viel Geschmacksverstärker stecken. Für viele Produkte wird zudem Palmöl verwendet, für das in Indonesien Regenwald abgeholzt wird (extrem klimaschädlich). Wenn es bestimmte Produkte vor Ort nicht gibt, lohnt es sich immer, die Marktleiter anzusprechen. Das Bewusstsein bei Händlern und Verbrauchern ist da, man sieht es am Erfolg der Schrozberger Molkerei oder der Bäuerlichen Erzeugergenossenschaft Schwäbisch Hall.

Ein schöner Nebeneffekt: Kochen und Backen macht auch Kindern Spaß. Wenn sie gern in der Küche helfen und naschen, können auch sie sich später mit überschaubarem finanziellem und zeitlichem Aufwand gesund ernähren. Auch der Geschmackssinn wird ganz anders geschult, wenn mit frischen Lebensmitteln gekocht wird, statt verarbeitete Gerichte zu erwärmen.

Also: Schauen Sie auf dem Markt vorbei, gehen Sie zum Metzger, Bäcker und Gärtner Ihres Vertrauens, und erkundigen Sie sich nach Direktvermarktern in der Region. Hier werden Sie schon mal fündig: https://creglingen-regional-einkaufen.de/#Direktvermarkter

[i] https://www.topagrar.com/markt/news/forsa-befragung-fleischkondum-der-deutschen-sinkt-12072129.html

[ii] Zahlen aus: Lennart Laberenz, „Zerteiltes Leid“, Der Freitag, 28. Mai 2020 sowie https://www.landschafftwerte.de/wie-viel-fleisch-landet-im-muell/# und https://mobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Klimawandel_auf_dem_Teller.pdf

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